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Erinnerungen an die DJ-Zeit

Der Anfang: Frank und Frank

Zwischen dem elften und achtzehnten Lebensjahr war Frank Maibaums bester Freund Frank Ripploh; der später als als schwuler Filmemacher unter dem Namen "Peggy von Schnottenberg" bekannt wurde - insbesondere als Schauspieler und Regisseur des Films "Taxi zum Klo". Im Jahr 1966 (die beiden waren gerade siebzehn Jahre alt und gingen in die Abschlussklasse der Fürstenberg-Realschule in Rheine) organisierten sie einige Riverboat-Partys mit dem Ausflugsschiff "Santa Maria" auf der Ems zwischen Rheine und Elte (Bocholter Emsfähre). Doch sie wollten mehr Musik.

Sie überredeten den Onkel von Frank Ripploh (im Sommer 1966), ihnen den Barraum seines Hotels zu überlassen (ehemaliges Hotel Ripploh, Rheine, Lingener Straße). Sie stellten zwei Plattenteller mit Mischpult auf einen Tisch (Verstärker und einfache Lautsprecherboxen waren vorhanden) - fertig war eine der ersten Diskotheken im Münsterland. Freitags, Samstags und Sonntags legten sie auf. Es lief so gut, von nachmittags bis in die Nacht, dass die Disco im Hotel Ripploh bald täglich öffnete und einen baulichen Durchbruch zum angrenzenden Nachtclub (Pamira Bar) machte, der an den Wochenenden in den Discobetrieb einbezogen wurde.

 

Insel-Tanzcafé Rheine

Frank Ripploh blieb noch einige Zeit als DJ im Hotel seines Onkels; Frank Maibaum wechselte im Frühjahr 1967 ins Insel-Tanzcafé Rheine (ein Lokal der Dreßen KG Münster). Der achtzehnjährige Gymnasiast hatte keine Ahnung von der Musik, die man in richtigen Discotheken, wie dem Insel, hörte. In der Hoteldisco tanzten brave Liebespaare nach Platten wie "Eve of Destruction", "Strangers in the night", "San Francisco", Beatlesongs und Platten von den Bee Gees wie "Spicks and Specks" & "New York Mining Disaster 1941". Im Insel-Tanzcafé erwarteten die Gäste aber Musik von Otis Redding, Wilson Picket, Arthur Conley, James Brown und auch noch von Buddy Holly.

Maibaum hatte keinen dieser Namen je gehört. Die Gäste beschwerten sich reihenweise beim Geschäftsführer. Der hielt zum Glück zu ihm, hatte mit ihm Geduld.

 

Deutschland im Discofieber

Deutschland war bald übersät von Diskotheken. In Rheine gab es 1969 etwa zehn große und kleine Discotheken und mehr als doppelt soviel Nachtclubs. Die Anzahl und Vielfalt lag daran, dass Rheine Garnisonsstadt war, mit zahlreichen Soldaten, die Abends Abwechslung suchten. Täglich waren die Discos der Stadt geöffnet. Wenn um 17.00 Uhr die Türen des Inseltanzcafés aufgingen, standen bis zu hundert Personen davor, warteten ungeduldig auf Einlass. Das "Rendezvous" (vorher Kaktus), einer kleinen Disco auf der Münsterstraße (neben dem alten Hotel Barönchen) öffnete täglich schon um 14:00 Uhr mit Musik und Tanz - jeder Platz war besetzt, die Tanzfläche überfüllt, alltäglich bis weit nach Mitternacht.

 

Discozeit in Münster

Nachdem Frank Maibaum in einigen anderen Discos der Stadt Rheine aufgelegt hatte (viel im Rendezvous, im Bentlager Hof und in Rheines Tenne und vertretungsweise im Rias Saloon und im legendären Remember), kehrte er mit Beginn des Studiums 1970 in Münster ganz zur Dreßen KG zurück. Jetzt stand er in Münster hinter den Plattentellern - meist in Münsters Tenne (Alter Fischmarkt) und im Pferdestall (Drubbel-Roggenmarkt / ehemals Insel-Café-Münster), manchmal im Batavia 510.

Einmal wöchentlich musste er den DJ im Club Optik vertreten (eine Etage über dem Pferdestall). Er sagt "musste vertreten", weil der Club Optik nicht die damalige typische Disco-Welt war: Es war so dunkel, dass man den Plattenteller fast ertasten musste; es gab im Club Optik zu der Zeit keine Stühle oder Tische, die Gäste standen so rum oder saßen auf dem Boden; als DJ sollte er lieber keine Ansagen machen, einfach nur Platten auflegen, die in den Tenne-Discos eher nicht liefen: nicht Marianne Rosenberger, nicht Boney M., dafür Kiki Dee, Eric Clapton und viel viel Raggae - und er musste ständig die Kakerlaken verscheuchen, die immer wieder über das Mischpult krabbelten; der Bau war halt alt und ziemlich "versifft".

An den Karnevalstagen lieh man Frank M., wie er bei der Dreßen KG hieß, ins "Jans In'n Holsken" aus (Kreuzstraße / Kuhviertel), damals eine Studentenkneipe, in der von Altweiberfastnacht bis Rosenmontag auch die "Discopost abging".

 

Discotourneen mit Stars und Sternchen

Die Dreßen KG hatte mittlerweile ein Netz von Tanzlokalen durch das Münsterland gespannt. Dazu gehörten: Tenne und Insel in Rheine, Tenne Dülmen, Tenne Münster, Pferdestall Münster, Batavia 510 Münster, Village Osnabrück und auch das kleine Insel-Tazcafé in Emsdetten sowie etliche mehr.

Die großen und kleinen Namen der Musikszene gingen mit Gastspielen auf Tournee durch diese Discotheken. Mit denen zog Frank M. von Münster aus von Diskothek zu Diskothek - zuständig für Moderation und die Playbacks. Dabei waren Roberto Blanco, Frank Farian, Jonny Hill, Randolph Rose, Boney M. u.v.m. Auch die "großen" Stars waren bereit vor Tourneebeginn im eigenen Tonstudio in Münster Titel als Coverversion einzuüben, die sie selbst nicht im Repertoire hatten, welche die Stammgäste in diesen Discos aber gern hörten.

 

Der letzte Tag als DJ

Die ersten DJ-Jahre liefen für Frank Maibaum neben der Schule (Goethegymnasium Ibbenbüren), die letzten neben dem Studium; zwischendurch absolvierte er seinen Grundwehrdienst (Panzergrenadierbattaillon 3.312 Delmenhorst) und nach der Wehrdienstverweigerung den Zivildienst im Schifferkinderheim Hörstel (bei Rheine).

An das genaue Datum seines letzten "DJ-Auftritts" erinnert er sich nicht genau; es muss 1976 /77 gewesen sein. Der oberste Chef der Dreßen KG (Gaststättengesellschaft, die zahlreiche Discos im Münsterland betrieb) war zu Gast in Münsters Tenne, was selten vorkam, denn er hielt sich üblicherweise ganz im Hintergrund. Maibaum hatte gerade einen Titel von Wilson Picket (Soul, Atlantic Label) aufliegen.

Der oberste Boss trat ans DJ-Pult mit den Worten "Was ist das für Hottentottenmusik!". Er bat dann um die Platte, zerbrach sie wortlos und war wieder verschwunden. Wie der Abend in der Tenne Münster weiterging, weiß Frank M. nicht, denn er verließ die Disco ebenso - kommentarlos, mitten im nächsten Musiktitel. Er überlegte daheim, wie er reagieren sollte, wenn man ihn bitten würde, zurück zu kommen. Man bat mich nicht - das Kapitel Dreßen KG war beendet.

Man muss dazu wissen: In den meisten Discos des Münsterlandes (insbesondere den Tenne-Discos der Dreßen KG, aber auch z. B. in Münsters legendärem Elephant) war in den 70er Jahren schwarze Musik nicht angesagt (es sei denn Robert Blanco - aber der war ja nicht wirklich schwarz). Zudem verweigerten die Türsteher den schwarzen Menschen den Zutritt. Dazu wiesen sie auf das Schild "Out of bounds" hin (das an den meisten Türen der Discos prangte) und betonten zudem "Hier herrscht Krawattenpflicht" bzw. "Geschlossenen Gesellschaft" (was natürlich Unsinn war).

 

Und dann doch noch

Jahre später erst, nach dem Studium (Frank Maibaum hatte schon seine Praxis für Verhaltenstherapie auf Münsters Königstraße eröffnet und war mit einem Hochschullehrauftrag betraut) stand er (von Mitte 1977 bis Mitte 1979) an den Wochenenden in einer kleinen Disko in Telgte bei Münster wieder hinter den Plattentellern. Es war die Zeit von Chic, John Paul Young, Village People.

Er brauchte das Feeling einfach. Die Disco in Telgte war der City-Saloon mit Kalle Fichna als Betreiber.

P. S.:
Frank Ripploh (der zweite aus dem alten Rheinenser DJ-Team Frank & Frank) wurde nach der DJ-Zeit und seinem Studium Hauptschullehrer. Doch die "Karriere" im Staatsdienst endete jäh, als er sich im Oktober 1978 in einer Stern-Reportage als schwul outete. Er lebte und arbeitete dann als Filmemacher und Schauspieler in der Berliner Schwulenszene unter dem Namen "Peggy von Schnottgenberg". Er starb im Jahr 2002 an Krebs. Zum Sterben kam er zurück nach Rheine. Dort liegt sein Grab nahe dem eines gemeinsamen Freundes von Frank M. & Frank R., des noch früher verstorbenen DJ Wilhelm L., alias Tony Prince II.

Ja, das kleine Rheine an der Ems im verträumten Münsterland war aufgrund seiner vielen in etlichen Kasernen und Fliegerhorsten stationierten Soldaten für einige Jahre die Stadt mit den meisten Diskotheken und Nachtbars Deutschlands - und mit etlichen fantastischen noch moderierenden DJ's der "alten DJ-Schule". Long time ago in a small town called Rheine.

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